Holzwurm im Haus: Kaufrücktritt trotz Gewährleistungsausschluss möglich

Es kann ein ganz böses Erwachen sein: Der frisch erworbene Altbau zeigt einen erheblichen Pilzbefall und der Holzwurm fühlt sich ebenfalls wohl im Gebälk. In so einem Fall kann der Käufer unter Umständen vom Kauf zurücktreten – selbst dann, wenn ein Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde. Welche Kriterien dafür eine Rolle spielen, zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig.

Es kann ein ganz böses Erwachen sein: Der frisch erworbene Altbau zeigt einen erheblichen Pilzbefall und der Holzwurm fühlt sich ebenfalls wohl im Gebälk. In so einem Fall kann der Käufer unter Umständen vom Kauf zurücktreten – selbst dann, wenn ein Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde. Welche Kriterien dafür eine Rolle spielen, zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig.

Braunschweig. Wer ein Haus verkauft, das von Schädlingen befallen ist, darf dem Käufer den Befall nicht verschweigen. Das gilt auch dann, wenn der Befall bei der Besichtigung vor dem Kauf in gewissem Maße sichtbar war – denn der Kaufinteressent kann nicht erkennen, wie lange das Problem schon besteht. Diese Entscheidung hat zumindest das Oberlandesgericht Braunschweig getroffen (Urteil vom 13.09.2018, Az.: 9 U 51/179).

Das Urteil fiel im Streit um den Verkauf eines Fachwerkhauses. Das Gebäude war stark von Pilzen und Insekten befallen. Davon hatte der Eigentümer dem Kaufinteressenten aber nichts erzählt. Im Kaufvertrag vereinbarten beide Seiten einen Gewährleistungsausschluss. Trotzdem verklagte der Käufer den bisherigen Eigentümer, als er den Schädlingsbefall nach der Übertragung des Hauses festgestellt hatte. Er verlangte eine Rückabwicklung des Kaufs.

Seit 15 Jahren Holzwurm im Haus: Verkäufer muss informieren

Das Oberlandesgericht Braunschweig gab dem Käufer Recht. Der Gewährleistungsausschluss greift nämlich nicht mehr, wenn der Verkäufer den Kaufinteressenten arglistig getäuscht hat. Davon ist auszugehen, wenn er einen Mangel verschwiegen hat, von dem er wusste oder hätte wissen können. Genau davon ging das Gericht in diesem Fall aus. Der Eigentümer hatte nämlich Risse in den Holzbalken des Hauses verfüllen und die Balken streichen lassen, um die Holzwürmer zu bekämpfen. Demnach hatte er vom Schädlingsbefall gewusst.

Der Kaufinteressent konnte zwar die Bohrlöcher im Gebälk sehen und daher bei der Besichtigung zu dem Schluss kommen, dass hier der Holzwurm aktiv war. Und über offensichtliche Mängel muss ein Verkäufer nicht aufklären. Allerdings ließ das Gericht diesen Hinderungsgrund für eine Rückabwicklung hier nicht gelten. Denn der Käufer hatte nur Anzeichen für einen aktuellen Befall. Er konnte aber nicht ahnen, dass in dem Gebäude schon seit 15 Jahren der Holzwurm aktiv war. Über ein solches Ausmaß hätte der Verkäufer informieren müssen.

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Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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