Seit 2015 versucht der Gesetzgeber, durch Mietpreisregulierung den Wohnungsmarkt zu entlasten. Positive Effekte dieser Politik waren bislang nicht zu beobachten. Wie könnte die Wohnungspolitik nun weitermachen? Ein aktuelles Gutachten von Wirtschaftsexperten gibt dafür jetzt wichtige Hinweise. Es macht deutlich, wie sehr die bisherige Politik kontraproduktiv war.
Köln. Strikt regulierte Mietpreise führen zu einem verringerten Wohnungsangebot und verschärfen damit den Wohnungsmangel. So würden durch einen bundesweiten Mietendeckel 60 Prozent der Mietwohnungsangebote verschwinden. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Instituts für Wirtschaft – IW Köln – das heute (10. September 2024) vorgestellt wurde. Auftraggeber ist die Friedrich Naumann Stiftung. Ansatzpunkt für das Forschungsprojekt war das Experiment Berlins mit dem gescheiterten Mietendeckel.
Nach der Einführung des Mietendeckels in der Bundeshauptstadt war die Zahl der inserierten Wohnungen dort quasi schlagartig um mehr als 50 Prozent gesunken. Die Ursache dafür waren nach den Erkenntnissen des IW Köln Ausweichaktionen der Eigentümer: Bisher vermietete Wohnungen wurden entweder an selbstnutzende Eigentümer verkauft oder zur Kurzzeitvermietung an Feriengäste umfunktioniert. Zugleich veränderte die strikte Mietpreisregulierung aber auch das Verhalten der Mieter.
Bundesweite Mietendeckelung würde Wohnungsangebot stark verkleinern
„Gerade ältere Mieterinnen und Mieter sowie Mieter mit höheren Einkommen profitieren am meisten von den Mietpreisregulierungen, weil sie seltener umziehen“, stellt das Gutachten fest. „Da Wohnungen subventioniert sind und die Konkurrenz ansteigt, ziehen die Haushalte auch dann nicht um, wenn eine kleinere Wohnung präferenzgerecht wäre.“ Sprich: Ältere Mieter bleiben in ihren eigentlich zu groß gewordenen Wohnungen. „Dadurch verschlechtert sich für Wohnungssuchende und insbesondere Familien die Lage im Wohnungsmarkt deutlich.“
Die Forscher stellten eine Modellrechnung an, um zu sehen, was eine Mietpreisregulierung nach dem Vorbild des Berliner Mietendeckels auf all jene Gebiete in Deutschland, in denen heute die Mietpreisbremse gilt, bedeuten würde. Ergebnis: „In diesen Regionen würde zwar zunächst die Neuvertragsmiete sinken, die Zahl der inserierten Mietwohnungen aber von heute 70.000 Wohnungen auf 27.000 Wohnungen pro Quartal abnehmen“, heißt es in dem Gutachten. Das wäre ein Rückgang des Wohnungsangebots um 60 Prozent.
Mietpreisregulierung verhindert klimaneutralen Wohnungsbestand
Gleichzeitig würden nach den Erkenntnissen der Forscher die Kaufpreise leicht sinken, weil vermehrt Wohnungen zum Kauf für Selbstnutzer angeboten werden würden. In Berlin waren die Preise zu Zeiten des Mietendeckels um 4 Prozent gesunken. Aber auch die Investitionen in den Wohnungsbestand werden durch eine strikte Mietpreisregulierung abgewürgt, wie die Forscher mit Blick auf die Entwicklungen im Ausland festgestellt haben. Die Folge: Ein schlechter Zustand der Objekte, nicht zuletzt auch in energetischer Hinsicht.
„Gerade in Ländern, die über einen langen Zeitraum restriktive Mietpreisregulierungen genutzt haben, ist der Mietwohnungsbestand typischerweise in einem sehr schlechten Zustand“, stellt das IW-Gutachten fest. „Mit Blick auf die notwendigen Investitionen in einen klimaneutralen Gebäudebestand stehen Mietpreisregulierungen damit diametral dem Klimaschutz entgegen.“ Um einen klimaneutralen Gebäudebestand bis 2045 zu erreichen, müssten die Investitionen in energetische Sanierungen jedoch um 50 Prozent bis 100 Prozent gesteigert werden, rechnet das IW Köln vor.
Mietpreisregulierung verschärft Wohnungsmangel
Unter dem Strich ist eine Politik zur Regulierung der Mieten nach Ansicht der Forscher also in mehrfacher Hinsicht kontraproduktiv. „Die Ergebnisse zeigen, dass Mietpreisregulierungen letztlich keine Lösung für die Anspannung des Wohnungsmarktes sein können“, konstatiert das Gutachten in seinem Fazit. „Eine weitere Verschärfung von Mietpreisregulierungen würde vielmehr zu einer weiteren Angebotsverknappung führen.“ Eine Verlängerung bestehender Maßnahmen erscheint vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht sinnvoll.
Als Alternative zu kontraproduktiven Mietpreisregulierungen schlägt das IW Köln vor: „Vielmehr bedarf es eines Mix aus mehr Wohnungsbau in den Großstädten, einer Attraktivierung des weiteren Umlands und einer zielgenaueren Sozialpolitik, um die Lage im Wohnungsmarkt zu verbessern.“ Insbesondere eine Verbesserung der Infrastruktur abseits der großen Ballungsräume etwa durch gute Verfügbarkeit von schnellem Internet, Ärzten und Schulen sehen die IW-Experten dabei als wichtigen Schlüssel zur Entspannung der Wohnungsmärkte an.
Infrastruktur auf dem Land stärken und Eigentumsbildung fördern
Während einerseits die Großstädte erheblich wachsen, zeigt sich nämlich andererseits ein Rückgang vor allem bei jungen Bevölkerung in kleineren Städten und ländlichen Regionen. „Dabei ist auch zu beachten, und dies ist ein weiteres Argument gegen Mietpreisregulierungen, dass gerade die niedrigeren Immobilienpreise im Umland sowie die damit verbundene Möglichkeit, großzügiger zu wohnen, eine Chance für ländliche Regionen darstellen“, stellt das IW-Gutachten fest.
Die Forscher weisen darauf hin, dass sich in Umlandgemeinden und ländlichen Gemeinden für viele Haushalte die größere Chance bietet, selbst Eigentum zu erwerben. „Dies sollte zur Entzerrung des Wohnungsmarktes genutzt werden, indem etwa Haushalten ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer eingeräumt wird, um die Eigenkapitalhürde leichter überspringen zu können.“ Schließlich macht jeder, der ins Eigenheim zieht, eine Mietwohnung frei und bringt damit wieder mehr Bewegung in den Mietwohnungsmarkt.
Hier finden Sie das Gutachten des IW Köln zum Download (PDF, 1,9 MB).
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
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