Eigenbedarf: Räumungsklage scheitert an Depression der Mieterin

Wer eine vermietete Wohnung kauft, um sie beispielsweise seiner Tochter zur Verfügung zu stellen, sollte sich vorher genau über die Mieter informieren. Denn: Ihnen muss der neue Eigentümer wegen Eigenbedarfs kündigen, um die Wohnung einem Angehörigen zu vermieten. Ein Urteil zeigt jetzt allerdings: Solch eine Kündigung kann scheitern, wenn der Mieter psychisch krank ist.

Wer eine vermietete Wohnung kauft, um sie beispielsweise seiner Tochter zur Verfügung zu stellen, sollte sich vorher genau über die Mieter informieren. Denn: Ihnen muss der neue Eigentümer wegen Eigenbedarfs kündigen, um die Wohnung einem Angehörigen zu vermieten. Ein Urteil zeigt jetzt allerdings: Solch eine Kündigung kann scheitern, wenn der Mieter psychisch krank ist.

München. Wer seine Wohnung an einen psychisch kranken Mieter vermietet, kann eine Kündigung wegen Eigenbedarfs unter Umständen nicht durchsetzen. Droht dem Mieter durch den Verlust der Wohnung eine deutliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes – womöglich bis hin zur Suizidgefahr – dann kann der Vermieter seine Wohnung nicht zurückfordern. So hat jedenfalls das Amtsgericht München in einem inzwischen rechtskräftigen Urteil entschieden (Urteil vom 28.09.2017, Az.: 433 C 19586/17).

Der zugrundeliegende Fall hatte sich in München abgespielt: Ein Ehepaar hatte dort im Jahr 2016 eine Wohnung gekauft, um sie ab dem Wintersemester 2017 an ihre Tochter zu vermieten – die 21-Jährige wollte dann in München studieren. Deswegen meldeten die neuen Eigentümer gegenüber der seit 1998 in der Wohnung lebenden Mieterin Eigenbedarf an. Sie kündigten ihr schon im Oktober 2016 mit Wirkung zum 31. Juli 2017. Allerdings litt die Mieterin unter einer verfestigten Depression mit einer Angststörung.

Depression und Suizidgefahr: Mieterin ist räumungsunfähig

Die Frau widersprach daher der Kündigung: Der Verlust der Wohnung könne ihren Gesundheitszustand verschlechtern. Der behandelnde Psychiater bestätigte das vor Gericht: Ein Umzug werde den Zustand seiner Patientin verschlechtern, sagte er aus. Er sah selbst im Fall einer intensiven ärztlichen Betreuung eine ernstzunehmende Suizidgefahr. Daraufhin wies das Amtsgericht München die Räumungsklage der Eigentümer ab. Obwohl die Kündigung wirksam war, muss das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden, entschied das Gericht.

Zur Begründung hieß es, die Mieterin sei räumungsunfähig. Das sei immer dann der Fall, wenn ein Mieter körperlich oder geistig nicht in der Lage ist, eine neue Wohnung zu finden und den Umzug durchzuführen. Genauso zu bewerten ist es nach Ansicht des Gerichts, wenn der Gesundheitszustand oder die allgemeine Lebenssituation des Mieters durch den Umzug erheblich verschlechtert würden. Schon die ernsthafte Gefahr einer deutlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands könne als unzumutbare Härte angesehen werden. Das sah das Gericht hier als gegeben an – und es wiege schwerer als das Interesse der Eigentümer an ihrer Wohnung.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Information für Menschen, die an Suizidgedanken leiden: Betroffene finden Hilfe zum Beispiel bei der Telefonseelsorge unter den Telefonnummern 0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222. Die Berater sind rund um die Uhr erreichbar. Der Anruf ist anonym, kostenlos und wird weder von der Telefonrechnung noch vom Einzelverbindungsnachweis erfasst. Viele weitere Beratungsangebote finden Sie hier.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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